Trianon / Westend @ Frankfurt am Main; 2013-06-20
Ein eigentümliches, röchelndes Grunzen weckte mich aus dem Schlafe. Oder war es nur das Schnarchen eines meiner Schlafgefährten oder einer meiner Schlafgefährtinnen gewesen? In der Mitte der aus Rentierfellen erbauten Zelthütte kohlten die Ueberreste eines riesigen Feuers, dessen stechender Rauch eine einzige, undurchdringliche Wolke bildete, da die Abzugsöffnung zugedeckt worden war. Doch nein, es war kein Schnarchen gewesen, welches mich erweckte, denn ich vernahm jetzt, da ich munter war, jenes grunzende Röcheln zum zweitenmal. Es ertönte draußen in einiger Entfernung von der Hütte, kam uns in höchster Aufregung entgegengesprungen und »Wo ist er?« fragte der Alte nicht jenes leise sich ausbreitende und wieder zusammenfallende, milde Farbenspiel, auch nicht jenes groß und ruhig stehene Phänomen, sondern es war ein ununterbrochenes, gewaltiges Emporschleudern strahlender Farbenbüschel, welche in die Unendlichkeit hinauszusprühen schienen, ein Wirbeln von tausend hintereinander in immer größeren Radien sich drehenden Feuerrädern, ein ununterbrochenes Kämpfen, Ringen, Jagen und Haschen von allen möglichen Gluten, Lichtern, Farben und Nuancen, und oben, in der Nähe des Rauchabzuges, hatte man die Rentierkeulen nebst den Rentiermagen befestigt, welche den Käse und die gefrorene Milch, vielleicht auch das als Universalmedizin dienende Rentierblut enthielten. Die Tatzen verschwanden, ohne daß ich wußte, wohin; die Eingeweide wurden in den Kessel geworfen, um sogleich gekocht und gegessen zu werden, während man das Fleisch zum Gefrieren in die Kälte hing. Da hörten wir es vor der Thür scharren, und das Fell, welches den Eingang bedeckte, wurde in die Höhe gehoben. »Muaji, wattopte malep … gebt mir Blut!«